Seit im letzten Jahr am 23.9.2011 das Ende der digitalen Signatur rückwirkend zum 1.7.2011 beschlossen wurde, ist es ruhig um die digitale Signatur und das Steuervereinfachungsgesetz geworden. Vermutlich deshalb hat auch kaum einer bemerkt, dass kürzlich – nämlich am 2. Juli 2012 – ein weiteres Schreiben vom BMF zum Steuervereinfachungsgesetz veröffentlicht wurde. In diesem Artikel beschreiben wir relevante Neuerungen und was nun wirklich getan werden muss, um die Voraussetzungen für die elektronische Rechnungslegung zu erfüllen.
Die digitale Signatur ging, die Unsicherheit blieb. Seit dem letzten Jahr hat sich in der Welt der elektronischen Rechnung viel getan. Die Frage, ob und unter welchen Umständen eine elektronische (und elektronisch archivierte) Rechnung gesetzlich korrekt ist (also zum Vorsteuerabzug berechtigt), bleibt vielen weiter unklar. Von „innerbetrieblichem Kontrollverfahren und verlässlichem Prüfpfad“ ist jetzt die Rede, doch kaum einer weiß, was das ist, bzw. ob er im eigenen Unternehmen überhaupt existiert. Nur eines ist klar: Rechnungen, die elektronisch (z.B. als PDF oder Bild) verschickt werden, berechtigen (den Empfänger) auch zum Vorsteuerabzug, sofern die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit einer Rechnung zu gewährleistet ist. Was dahinter steckt, formuliert der Gesetzgeber so:
So steht es im Schreiben des Bundesfinanzministeriums. Dabei sollte doch das Steuervereinfachungsgesetz eigentlich eine Vereinfachung im Umgang mit elektronischen Rechnungen erreichen. Tatsächlich sind es aber weitere Fragen, die vor allem bei kleinen Unternehmen in der Praxis neu entstanden sind.
Das aktuelle Schreiben wiederholt zunächst sämtliche Neuerungen aus dem letzten Jahr und weist zusätzlich auf eine ab dem 1.1.2013 geltende EU-Richtlinie hin, nach der Papier- und elektronische Rechnungen rückwirkend zum 1.7.2011 umsatzsteuerrechtlich gleichgestellt werden:
(…)Der Gesetzgeber hat nunmehr von der Option nach Artikel 233 Absatz 1 Satz 2 MwStSystRL Gebrauch gemacht, die es den Mitgliedstaaten freistellt, auch Rechnungen anzuerkennen, die auf andere Weise elektronisch übermittelt oder bereitgestellt werden. In Anlehnung an Artikel 233 MwStSystRL in der ab dem 1. Januar 2013 geltenden Fassung (Änderung durch die Richtlinie 2010/45/EU des Rates zu den Rechnungsstellungsvorschriften eite 2 vom 13. Juli 2010, ABl. EU 2010 L 189 Seite 1) sind Papier- und elektronische Rechnungen ab dem 1. Juli 2011 umsatzsteuerrechtlich gleich zu behandeln (§ 14 Absatz 1 UStG n. F.). Die Gleichstellung führt zu keiner Erhöhung der Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit einer Papierrechnung. (…)
Im Klartext bedeutet das: ab dem 1.1.2013 haben Papierrechnungen den gleichen Stellenwert wie elektronische Rechnungen, sofern ein innerbetriebliches Kontrollverfahren nachgewiesen werden kann (es gibt Ausnahmen, s.u.). Und genau hier besteht meist die Unsicherheit unter den Anwendern. Es fehlen deutlicherer Worte von offizieller Seite, um diese Vorschriften in Praxis anwendbar zu machen. Doch der Gesetzgeber hält sich mit konkreten Anwendungsbeispielen zurück.
Als „innerbetriebliches Kontrollverfahren“ werden laut dem BMF-Schreiben alle Verfahren bezeichnet, die ein Unternehmer zum Abgleich der Rechnung mit der Zahlungsverpflichtung nutzt. Wörtlich heißt es:
(…)Das innerbetriebliche Kontrollverfahren im Sinne des § 14 Absatz 1 UStG n. F. dient nicht dazu, die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15 UStG zu überprüfen. Ebenso wenig soll die inhaltliche Ordnungsmäßigkeit der Rechnung hinsichtlich der nach §§ 14 Absatz 4, 14a UStG erforderlichen Angaben gewährleistet werden. Mit dem innerbetrieblichen Kontrollverfahren soll lediglich die korrekte Übermittlung der Rechnungen sichergestellt werden. Eine inhaltlich richtige Rechnung (gemeint: richtige Leistung, richtiger Leistender, richtiges Entgelt, richtiger Zahlungsempfänger) rechtfertigt die Annahme, dass bei der Übermittlung keine die Echtheit der Herkunft oder die Unversehrtheit des Inhalts beeinträchtigenden Fehler vorgekommen sind. D. h. die Rechnung wurde weder ge- noch verfälscht oder auf andere Weise verändert; die Rechnung entspricht der erbrachten Leistung. Die Anforderungen an das innerbetriebliche Kontrollverfahren haben sich an dieser Zielrichtung
zu orientieren.(…)
Das Kontrollverfahren hat nicht die Aufgabe, die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug nach §15 UStG zu prüfen. Es soll auch nicht die inhaltliche Ordnungsmäßigkeit der Rechnung prüfen. Das Kontrollverfahren dient dazu, das „was“ und „wie“ anhand eines sog. verlässlichen Prüfpfades zu prüfen.
Was | Geprüft werden soll, ob
Wie | Um diese Kontrolle durchzuführen, muss es einen verlässlichen Prüfpfad geben, durch den der Zusammenhang zwischen einer Rechnung und der Leistung hergestellt werden kann. Das BMF-Schreiben sagt hier jedoch explizit, dass keine Technologie dafür vorgeschrieben wird. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass die Prüfung im Rahmen eines eigens eingerichteten Rechnungswesens erfolgen kann.
In Wahrheit bleibt die Sorge beim einzelnen (kleinen) Unternehmer aber am Ende bestehen. Dabei muss es gar nicht so komplex sein. Im einfachsten Fall ist der Prüfpfad bereits erfüllt, wenn für den Rechnungsempfänger ein manueller Abgleich der vorliegenden Rechnung mit vorhandenen Unterlagen wie z.B. einem Auftrag, einem Lieferschein, einer Bestellkopie, Kaufvertrag, Zahlungsbeleg, etc. möglich ist. Also: Unterlagen aufheben und zusammen aufbewahren, gerne auch elektronisch (sofern die Voraussetzungen der GoBS und GdPDU erfüllt sind).
Um eine gewissen Regelmäßigkeit und Lückenlosigkeit zu gewährleisten, empfiehlt es sich einen „Prozess“ zu etablieren, durch den dieser Zusammenhang gewährleistet wird. Zu jeder Rechnung sollte so z.B. der Vertrag, der Bestellschein, etc. aufbewahrt werden. Wie das nun konkrete in der Praxis bei jedem Unternehmen aussieht, bleibt jedem selbst überlassen.
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